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KWS Lectures: Man kann einfach irgendetwas sagen – über den Zerfall der Verbindlichkeit öffentlicher Wahrheit

#KWS #Lectures: Man kann einfach irgendetwas sagen – über den Zerfall der Verbindlichkeit öffentlicher Wahrheit

#Gütersloh, 7. Dezember 2025

Wir leben in einer Zeit, in der man mit ruhiger Stimme und fester Miene erklären kann, man habe etwas nie gesagt, obwohl es auf #Video existiert, transkribiert, archiviert, datiert. Und man wird dafür nicht ausgelacht. Man wird auch nicht automatisch des öffentlichen Lebens verwiesen. Man wird stattdessen interviewt. Man bekommt Raum, es »einzuordnen«. Diese #Verschiebung ist kein Detail, sie ist ein Bruch. Nicht, weil früher niemand gelogen hätte, sondern weil Lügen früher ein Risiko waren. Heute sind sie zunehmend eine #Strategie.

Der #Wandel liegt nicht zuerst in der Moral der Akteure, sondern in der #Logik der #Öffentlichkeit. Lange Zeit folgte politische #Kommunikation – zumindest idealtypisch – der Kette: #Wahrheit erzeugt #Glaubwürdigkeit, Glaubwürdigkeit erzeugt #Macht. Heute ist diese Reihenfolge umgekehrt. Wirkung erzeugt Reichweite, Reichweite erzeugt Macht, Wahrheit ist, wenn überhaupt, ein optionaler Zusatz. Die entscheidende Frage lautet nicht mehr »Stimmt das?«, sondern »Funktioniert das?« Wenn eine Behauptung Aufmerksamkeit erzeugt, Empörung produziert, Lager mobilisiert oder die Gegenseite reizt, dann hat sie ihren Zweck erfüllt – unabhängig davon, ob sie sich später als falsch erweist.

Diese Verschiebung wird durch die Beschleunigung der #Medienwelt radikal verstärkt. Wo früher Aussagen geprüft wurden, bevor sie breite Öffentlichkeit erlangten, werden sie heute zuerst verbreitet und erst danach überprüft – wenn überhaupt. Die #Lüge ist schneller als jede Korrektur. Geschwindigkeit aber ist im digitalen Raum Macht. Die Widerlegung kommt später, leiser, ohne den emotionalen Verstärker der ursprünglichen Schlagzeile. Sie erzeugt keine Empörung, kein Dopamin, keinen viralen Impuls. Deshalb bleibt im kollektiven Gedächtnis weniger die Richtigstellung haften als der erste Eindruck: Irgendetwas ist da schon gewesen.

Hinzu kommt ein psychologischer Mechanismus, der fatal unterschätzt wird. Das menschliche #Gehirn speichert nicht Wahrheit, sondern Vertrautheit. Was oft wiederholt wird, fühlt sich irgendwann wahr an, selbst wenn es mehrfach widerlegt wurde. Die Lüge hinterlässt einen semantischen Abdruck, die Korrektur oft nur eine Fußnote. Wer heute eine falsche Behauptung in die Welt setzt, hat sie bereits gewonnen, bevor überhaupt geprüft wird, ob sie zutrifft.

Diese #Dynamik verbindet sich mit einer politischen #Polarisierung, die Wahrheit selbst zur Lagerfrage gemacht hat. Aussagen werden nicht mehr primär nach ihrem Wahrheitsgehalt bewertet, sondern danach, von wem sie stammen. Wenn das eigene Lager verzerrt, verharmlost oder offen falsch spricht, ist schnell von Missverständnissen die Rede. Wenn die Gegenseite es tut, ist es ein Skandal. Wahrheit verliert damit ihren Status als gemeinsamer Maßstab und wird zum Besitzstand von Gruppenidentitäten. Doch eine Demokratie lebt nicht von konkurrierenden Meinungen allein, sondern von einer geteilten Wirklichkeit, über die gestritten werden kann. Wenn diese gemeinsame Realität zerfällt, wird der Streit selbst hohl.

Besonders effektiv ist dabei ein rhetorischer Mechanismus, der maximale Wirkung mit minimaler #Haftung verbindet. Man formuliert zugespitzt, scharf, aufgeladen, produziert nachvollziehbare #Schlagzeilen – und zieht sich bei #Kritik auf #Deutung, #Kontext und angebliche #Missverständnisse zurück. Die Wirkung bleibt, die Verantwortung verdampft. Was gesagt wurde, »war so nicht gemeint«. Was verstanden wurde, »wird falsch unterstellt«. Das Ergebnis ist eine öffentliche #Sprache, in der fast alles gesagt werden kann, ohne dass jemand dauerhaft dafür einstehen muss.

Hinzu kommt die Überforderung des Publikums. Die schiere Menge an #Informationen, #Widersprüchen, #Skandalen, #Rücknahmen, Relativierungen und Gegenbehauptungen erzeugt Ermüdung. Selbst politisch interessierte Menschen können nicht mehr alles prüfen, vergleichen, einordnen und erinnern. Am Ende bleibt das resignierte Grundgefühl: Man weiß ja eh nicht mehr, was stimmt. Genau dieses Gefühl aber ist der ideale Nährboden für beliebige Behauptungen. Wo nichts mehr verlässlich erscheint, verliert auch die Lüge ihren Skandalcharakter. Dann heißt es nicht mehr: »Das ist falsch.« Sondern nur noch: »Die sagen das halt so, die anderen sagen es anders.«

Der Kern des Problems ist nicht, dass es keine Fakten mehr gäbe. Es gibt Belege, Archive, Mitschnitte, Dokumente. Was fehlt, ist die verlässliche soziale #Sanktion. Wir erleben weniger eine Krise der Wahrheit als eine Krise der Konsequenzen. Falschaussagen werden nicht mehr automatisch politisch gefährlich. Ihr Schaden hängt fast vollständig davon ab, ob das eigene Lager bereit ist, ihn zu sanktionieren. Wo diese Bereitschaft fehlt, kann heute nahezu alles gesagt werden. Zudem gilt derjenige, der so etwas hinterfragt, kritisiert oder als falsch benennt, schnell als aggressiv, problematisch oder gar »böse«.

Das verändert nicht nur den Ton, sondern die Struktur der politischen Wirklichkeit. Wenn die gefährlichste Frage früher lautete: »Stimmt das?«, dann lautet sie heute: »Ist es meinem eigenen Lager egal?« Wenn die Antwort »ja« ist, verliert Wahrheit ihre bindende Kraft. Dann wird öffentliche Rede nicht mehr an Realität gekoppelt, sondern an #Loyalität. Und genau dort, in dieser Entkopplung von Sprache und Wirklichkeit, liegt der eigentliche Substanzverlust unserer Gegenwart.

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